Sebastian berichtet von seinem Einsatz in Krakau
Sebastian Lugmayr machte einen Internationalen Freiwilligeneinsatz beim Hilfswerk des Heiligen Padre Pio der Kapuziner in Krakau.
Meine Arbeit in Krakau
Meine Freiwilligenarbeit hier in Krakau teilt sich in zwei große Aufgabenbereiche. Am Vormittag bereiten wir entweder Semmeln für die Obdachlosen vor oder helfen in der Sozialküche beim Schälen und Herrichten für das Mittagessen. Die Sozialküche „Kuchnia de Sozialnego“ ist auch im Obdachlosenzentrum und wird von Felizianerinnen betrieben, dort können sich Bedürftige zu extrem günstigen Speisen ein Mittagessen kaufen. Am Nachmittag wasche ich dort Teller, Gläser und sonstiges (natürlich mit einem Geschirrspüler) ab. Neben diesen zwei Tätigkeiten, die ein ganzes Jahr über jeden Tag stattfinden, gibt es aber auch immer wieder einzelne „saisonale“ Arbeiten, die zu tun sind. In meiner Anfangszeit im September halfen wir zum Beispiel bei der Apfelernte in einem Vorort von Krakau. Zu Weihnachten und zu Ostern konnten wir auch bei dem Falten von Briefen für Spender des Obdachlosenwerkes unterstützen. Was auch immer wieder vorkommt, ist der Möbeltransport in die Wohnungen des „Housing Firsts“ Projekts des Obdachlosenzentrum. Außerdem konnten wir auch zeitweise Englisch-Unterricht im Obdachlosenzentrum, gemeinsam mit Sozialarbeitern, geben.
Die Arbeit im Hilfswerk erfordert Flexibilität und man darf auch keine Scheu vor manchmal „dreckiger“ Arbeit haben, dafür wird man jeden Tag aufs Neue mit großer Dankbarkeit belohnt. Sinnvoll ist es auch sich selbst aktiv einzubringen und Ideen und Vorschläge zu machen, wenn man Ideen hat, wie man besser mitgestalten kann. Der Einsatzleiter und auch pädagogischer Begleiter von uns, Bruder Jacek, war immer für jede Idee dankbar und ist extrem unterstützend.
Sebastian half in der Sozialküche „Kuchnia de Sozialnego“, wo sich Obdachlose eine Mahlzeit abholen können.
Schwierigkeiten in Krakau
Ich will euch in diesem Erfahrungsbericht auch meine Schwierigkeiten nicht vorenthalten – denn vielleicht kann man sich dann darauf besser einstellen. Ich bin an diesen Herausforderungen jedenfalls auch sehr gewachsen. Besonders das Leben im Kloster erfordert zu Beginn eine Umstellung – die mir aber relativ schnell leichtgefallen ist. Das einzige Problem war das, dass Kloster nach 22 Uhr die Pforten schließt und man danach nicht mehr hineinkommt – es bleibt einem nur das Klingeln übrig oder sich im Vorhinein einen Schlüssel zu organisieren. Nach 2 Monaten habe ich nochmal angefragt einen Schlüssel zu bekommen und das war nach einem Gespräch kein Problem. Wenn man vor Herausforderungen hier in Krakau steht, kann man diese immer bei Bruder Jacek ansprechen – ich habe diesbezüglich keine einzige schlechte Erfahrung gemacht, weil er immer ein offenes Ohr für alle Anliegen innehat.
Eine andere Herausforderung war für mich zu Beginn die Einsamkeit – Freunde in einer fremden Stadt zu finden, fällt sehr schwierig. Durch einen Zufall habe ich aber andere Freiwillige in Krakau kennengelernt, es empfiehlt sich hier auf die Webseiten des Gedenkdienstes oder des Österreichischen Auslandsdienst zu gehen und die einzelnen Freiwilligen auf Social Media anzuschreiben. Was man auf jeden Fall auch machen kann, ist in das „Galishia Jewish Museum“ zu gehen, weil dort eigentlich auch jedes Jahr Freiwillige in Krakau aus Österreich und Deutschland arbeiten. Auch in Auschwitz arbeiten einige Freiwillige im „Cafe Bergson“ – am besten wäre es dort selbst hinzugehen und sich zu erkundigen.
Der Einsatz in Krakau erfordert dabei Mut auf fremde Menschen zuzugehen und nicht immer läuft alles so wie man es sich erhofft – aber trotzdem wurde ich zu für meinen Mut mit Freundschaften fürs Leben belohnt. Schwierig war auch die Sprache zu lernen allerdings gibt es hier zwei Optionen entweder wirklich richtig viel zu lernen und dann gut kommunizieren zu können oder, so wie ich es gemacht habe, die wichtigsten Grundsätze zu wissen und sich dann mit Englisch, Deutsch und Körpersprache durchzuschlagen.
"Krakau ist eine wunderschöne Stadt mit extrem vielen Kulturveranstaltungen und vielen Dingen, in die man hineinschnuppern kann", erzählt Sebastian.
Ein Einsatz in Krakau ist auch ein Einsatz in der Vergangenheit
Ein Einsatz in Krakau bedeutet auch ein Einsatz in der Vergangenheit. Durch die lange jüdische Geschichte der Stadt und die Nähe zum Konzentrationslager Auschwitz kommt man nicht herum, sich proaktiv mit dem Holocaust auseinanderzusetzen. Dabei ist diese Auseinandersetzung auch immer begleitet nach einem Ruf sich mit seiner eigenen familiären Biografie zu beschäftigen. Denn wie wollen wir die Zukunft gestalten, wenn wir unsere eigene familiäre Vergangenheit nicht einmal richtig verstehen? Gerade die Auseinandersetzung mit dem Holocaust in Krakau war für mich noch einmal mehr ein Appell gegen Antisemitismus und Rassismus aufzustehen.
Der Holocaust Überlebende Elli Wiesel sagte einmal: „Ich habe geschworen, niemals zu schweigen, wann immer und wo immer ein Mensch zu leiden hat oder gedemütigt wird. Man muss immer Partei ergreifen. Neutralität hilft dem Unterdrücker, niemals dem Opfer.“ Ein Zitat, das mich gerade in dieser Zeit sehr bewegt hat und zum Nachdenken angeregt hat. Partei zu ergreifen, erfordert Courage, doch diese braucht es, um in einer gerechten Gesellschaft zu leben.
Nimm dein Herz in die Hand!
Egal wo man seinen Auslandseinsatz machen wird, ob in Krakau oder doch etwas weiter weg – hab keine Angst und nimm dein Herz in die Hand. Fremde hat für mich auch immer einen etwas angsteinflößenden Charakter innegehabt, doch durch meinen Einsatz hier in Krakau weiß ich das, dass Unbekannte dazu da ist, erforscht zu werden. Krakau ist eine wunderschöne Stadt mit extrem vielen Kulturveranstaltungen und vielen Dingen, in die man hineinschnuppern kann.
Ich durfte in diesem Jahr in Krakau so vielen wundervollen Menschen begegnen, habe mit Tatkraft und Entschlossenheit gearbeitet und mir ist im Gegenzug dafür eine lebensverändernde Erfahrung geschenkt geworden. Vielleicht ist diese Erfahrung ja auch etwas für dich.